Ein Blick hinter die Kulissen der Ausstellung.

In dem folgenden Interview mit Rudolf Brudl aus Straßwalchen und Jutta Blühberger aus Strobl, den Künstlern der Ausstellung „Den Heiligen Farbe geben“, gewähren sie uns einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellung.

FDA – Rudolf Brudl, du bist der Initiator der Ausstellung „Den Heiligen Farbe geben“. Erzähl einmal, wie die Idee für die Ausstellung entstanden ist. Wann war das ungefähr?

Rudolf Brudl – Ja, wie ist sie entstanden? Durch Besuche in der Kollegienkirche. Die Kollegienkirche ist eine Perle Salzburgs. Das ist so etwas Feines, wenn man da rein geht. Ich schaue da öfter mal rein. Da ist mir vermehrt der Gedanke gekommen, da sind so viele Heilige oben. Viele kenn ich nicht. Man kennt nur ein paar, aber viele nicht mehr. Und man beschäftigt sich auch nicht damit. Da ist mir dann die Idee gekommen, etwas zu machen, damit die Heiligen bekannter werden. Sie haben uns was zu sagen, noch immer, auch in unserer Zeit. Aber was anderes wie damals. Das ist klar. Das war vor zwei bis drei Jahren. So lange läuft das schon.

Rudolf Brudl aus Strasswalchen

FDA – Und wie bist du dann auf die Idee gekommen, Jutta Blühberger zum Mitmachen einzuladen?

RB – Ja, das war sehr interessant. Sie war ein relativ neues Mitglied in unserem Verein, artforum Salzburg. Wir haben uns gut unterhalten. Und dann sind die Gespräche auf Glaubensfragen gekommen. Da habe ich gemerkt, dass Jutta das Thema interessieren könnte. Der theologische Aspekt und diese Form von Kunst. Dann habe ich sie eben gefragt, und sie hat spontan auch relativ bald ja gesagt. Was mich sehr gefreut hat. Es ist eine wunderbare Sache geworden, denke ich mir, eine gute Zusammenarbeit.

FDA – Wie hast du das erlebt, Jutta?

Jutta Blühberger – Die Anfrage hat mich natürlich sehr gefreut. Wie Rudi sagt, wir haben uns gut unterhalten. Allerdings hatte ich meine Zweifel, da ich nicht katholisch aufgewachsen bin und bisher mit Heiligen wenig zu tun hatte. Das schien Rudi aber nicht zu stören. Schließlich dachte ich mir, ich lasse mich einfach auf diese Herausforderung ein und sagte zu.

Jutta Blühberger aus Strobl
Jutta Blühberger aus Strobl

FDA – Das läuft also schon mehr als zwei Jahre. Wie seid ihr da vorgegangen?

JB – Im ersten Jahr habe ich mich langsam vorgetastet und mich mit allen Heiligen, die in der Kollegienkirche stehen, oberflächlich beschäftigt. Nach und nach haben sich dann diejenigen herauskristallisiert, die Rudi und ich schließlich ausgewählt haben. Dann habe ich angefangen Bücher über diese zwölf Heiligen zu lesen. Mir war es wichtig, die Person hinter den Legenden kennenzulernen. Daraus entstanden dann die Begleittexte, die in der Ausstellung neben den Bildern zu sehen sind.

RB – Man macht sich immer wieder Gedanken, die lassen einem nicht los. Man muss sich mit den Heiligen auseinanderzusetzen. Wie sie gelebt haben. Was sie zu sagen haben. Was für unsere Zeit relevant ist. Eine besondere Herausforderung war dann für mich – die Idee war ja ein abstraktes Bild für den jeweiligen Heiligen zu malen – wie setzt man das um? Man beschäftigt sich mit dem Thema. Was ist es, das man dann aus dem Leben des Heiligen heraus nimmt und das man konkretisieren möchte.

FDA – Wie seid ihr an die Auswahl der Heiligen herangegangen? Jeder von euch hat ja sechs Heilige ausgewählt. Wie habt ihr das gemacht?

RB – Zum einen hat man eine persönliche Beziehung zu einzelnen Heiligen. Und dann nimmt man zuerst jene, die man kennt. Und dann liest man sich in die Materie ein bisschen ein. Und dann entdeckt man für sich, die jeweiligen Heiligen, mit denen man sozusagen arbeiten möchte. Und es war eine gute Entscheidung. Es gäbe noch viel mehr Heilige, die man hätte nehmen können. Aber es ist nun mal so. Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung?

JB – Für mich war ziemlich schnell klar, dass ich mich mit den Mystikern beschäftigen möchte. Mit denen fühlte ich von Anfang eine gewisse Verwandtschaft. Der relativ unbekannte Heilige Ivo hat mich auch fasziniert. Ansonsten haben wir versucht, Gruppen von jeweils drei Heiligen zu bilden, die etwas gemeinsam haben. Und so machte ich mich dann auf die Suche nach Heiligen, die sich ähnlich wie Ivo, für Benachteiligte eingesetzt haben. Sowohl das Mystiker sein, wie das Einsetzen für Benachteiligte sind auch mir ein Herzensanliegen.

FDA – Ist euch einer der Heiligen besonders ans Herz gewachsen?

RB – Das würde ich jetzt nicht sagen. Für mich sind alle sechs sehr wichtig geworden im Laufe der Bearbeitungszeit. Und ich könnte nicht sagen, dass ich da einen weglassen würde oder nicht.

JB – Ich denke auch, es war so eine intensive Beschäftigung mit jedem der sechs Heiligen, dass sie uns alle gleich wichtig geworden sind.

FDA – Welche besondere Herausforderungen habt ihr erlebt?

RB – Zuerst war es eine richtige Herausforderung beim Malen. Wie setze ich das um? Und dann denkt man manchmal, da hast du dich in was verrannt. Sackgasse. Aber wie man so schön sagt, das Licht ist wieder aufgegangen. Ich bin religiös und ich habe auch einen guten Draht zu oben. Immer wieder habe ich das Gefühl gehabt, dass die Heiligen da waren. Dass irgendwas da war, was mir weitergeholfen hat. Das Wichtige ist für mich, dass das auch der Betrachter spürt, was man als Maler beabsichtigt. Diese Emotionen und Gefühle. Ich wollte eben Lebenssituationen der Heiligen auf das Bild bringen, von jedem der sechs Heiligen, die ich ausgesucht habe. Für mich ist es gut geworden. Und der Betrachter muss sich dann sein eigenes Urteil bilden.

FDA – Welche der Heiligen waren die Herausforderndster für euch? Vom Malerischen, oder vom Inhaltlichen her?

JB – Für mich war Bernhard von Clairvaux eine besondere Herausforderung. Ich konnte mich mit ihm zuerst so gar nicht anfreunden, entgegen meinen Erwartungen. Zwischendrin wollte ich das Buch schon hinhauen und mir einen anderen Heiligen aussuchen. Ich war echt enttäuscht. Schließlich erhielt sein Bild den Titel Zerrissenheit. Und das ist eben das, was ich in der Beschäftigung mit seinem Leben gespürt habe, was mich frustriert hat, auch bei der Malerei. Ich habe für sein Bild auch am längsten gebraucht.

RB – Vom Inhaltlichen waren es zwei, die waren besonders herausfordernd. Lukas, der Evangelist, und Johannes der Täufer. Die haben eine Wallfahrt benötigt, damit etwas daraus geworden ist. Und danach bin ich heimgegangen und habe gewusst, was zu tun ist. Und das ist dann auch so spontan und schnell gegangen wie bei den anderen vier. Das war der zweite Teil des Malprozesses. Es war aber dann genauso schön, wie der erste Teil. Obwohl zuerst diese Unsicherheiten da waren und diese offenen Fragen, die man so im Vorfeld hat. Das war alles weg. Und dann ist das in einem Rutsch gegangen.

FDA – Es war also eine längere Inkubationszeit und dann kam es „Flutsch“ zur Geburt der Bilder.

RB – Ich bin in der Malerei sehr spontan. Für mich muss das alles schnell gehen, aber in meinem Sinne. Es muss „Fließen“. Das Spontane ist für mich sehr wichtig. Das macht eine gewisse Spannung, die für mich notwendig ist. Die Bilder sind eigentlich ruck-zuck entstanden. Für meine Verhältnisse. Aber der Antonius hat gewitzelt mit mir. Zuerst war der Arm zu kurz, und dann habe ich ihn verbessert, dann war er verdreht. Das kannst du nicht so lassen. Dann habe ich ihn abgebrochen. Dann war es nur ein leichter Strich und dann hat es gepasst. Das war sehr witzig für mich. Da habe ich mir gedacht, der erlaubt sich einen Scherz mit mir.

FDA – Wie seid ihr an den Malprozess herangegangen?

JB – Nach einem Jahr Vorbereitung, Bücher lesen und Texte schreiben, habe ich dann mit der Malerei begonnen. Oder mit den Vorbereitungen dazu: Keilrahmen bespannen und grundieren in mehreren Schichten. Einer der wichtigsten Schritte bei meiner Technik ist die erste Schichte mit der Marmormehlstruktur, die dann alles weitere bestimmt. Da habe ich mir noch einmal alles vor Augen geführt, was ich über den Heiligen erfahren habe. Und dann aus dem Unterbewusstsein heraus die erste Schichte aufgetragen. Da spielt natürlich auch der Heilige Geist eine wichtige Rolle. Danach kommen unzählige Schichten mit verschiedenen Farben, die ich alle selber anrühre. Jede Schichte muss trocknen. Und jeder Schritt braucht einen Dialog mit dem Bild. Was braucht das Bild, was fehlt noch, wo muss ich etwas abtragen (d.h. Farbe wegnehmen). Es ist ein längerer Prozess.

RB – Im Vorfeld überlegt man sich, wie man das umsetzt. Das war die Vorbereitungszeit; ungefähr ein Jahr haben wir uns damit beschäftigt und dann reift das. Dann muss man es auf die Leinwand bringen. Und das kann in manchen Fällen sehr schnell gehen.

JB – Bei mir ist es eher das Gegenteil. Die intuitive Prozessmalerei und die Verwendung von Farben, die ich selber mit Pigmenten anreibe, ist wirklich „slow art“ (langsame Kunst). Da braucht man Geduld und Ausdauer. Aber was lange währt, wird endlich gut.

FDA – Was sind eure Hoffnungen und Erwartungen an die Ausstellung?

RB – Zum einen freut es mich in diesem sakralen Raum auszustellen. Es ist eine wunderbare Kirche. Sie ist einzigartig. Und mit diesem Thema zu arbeiten ist ein Privileg. Man hofft natürlich, dass die Ausstellung gut gelingt. Jedes Bild, jeder Text muss mit dem Rest eine Einheit bilden. Da kann man sich im Vorfeld Gedanken machen, soviel man will. Aber man sieht das erst [ob etwas passt], wenn es hängt. Wie alles wirkt. Und man hofft natürlich, dass es gut wirkt in der Kirche. Und dass Glaubensinteressierte, aber natürlich auch Kunstinteressierte – das ist für mich gleichwertig – zu Besuch kommen, und diese Ausstellung anschauen.

JB – Ja, ich empfinde es auch als Privileg, dass wir in dieser wunderbaren Kirche ausstellen dürfen. Und auch das Thema. Es ist etwas ganz Besonderes. Darum haben wir viel Zeit investiert, auch in die Vorstellungstexte der Heiligen. Ich habe dadurch viele wichtige Einsichten gewonnen. Und nun hoffe ich, dass diese Heiligen durch unsere Bilder und Texte auch zu den Herzen anderer sprechen werden. Dass sie dadurch ermutigt und gesegnet werden.

RB – Und dass man vielleicht auch einige positive Gedanken in unserer schwierigen, krisengeschüttelten Zeit rüberbringen kann. Einen kleinen Tropfen, der dazu beiträgt, dass das Leben miteinander schöner wird. Dass man auf die Umwelt Rücksicht nimmt. Dass man die Gegebenheiten wertschätzt, die man im Leben hat. Und ich meine jetzt nicht Luxus. Das Notwendige, das man braucht und das was so selbstverständlich ist, dass man es auch mehr schätzt.

FDA – Rudi, das ist ja nicht das erste größere Projekt, dass du initiierst.

RB – Mir sind immer Themen wichtig. Zu gewissen Themen sich Gedanken machen. Mit Kunst umzusetzen. Diese Verbindung. Denn Kunst ist etwas Wichtiges im Leben. Das wird viel zu wenig wertgeschätzt. Und man macht sich auch oft zu wenig Gedanken, warum es so wichtig ist.

FDA – Meines Wissens war „Kunst gegen Gewalt“ eine solche Aktion.

RB – Das war vor 3 Jahren. Da ist es um Kunst gegen Gewalt gegangen. Kunst weckt Emotionen und wenn man sich mit Kunst beschäftigt, dann spielen Gefühle eine große Rolle. Emotionen oder Aggressionen abbauen, das ist alles möglich. Neue Ideen entwickeln. Das Gehirn aktivieren zu positiven Sachen. Das war der Hintergedanke. Das war ein großes Projekt, das hat an drei Ausstellungsorten stattgefunden.

FDA – Du bist ja sehr aktiv als zweiter Obmann-Stellvertreter vom Verein artforum Salzburg. Da investierst du viel Zeit, neben deinem Berufsleben.

RB – Mir gefällt es einfach, sich mit Kunst zu beschäftigen. Sich auseinanderzusetzen, weil es etwas Wichtiges ist, glaube ich. Und ich genieße auch die Arbeit im Artforum. Die Mitglieder sind aufgeschlossen für neue Ideen, die man in Absprache umsetzen kann. Es ist jede neue Idee herzlich willkommen. Und dann schaut man eben, wie man das umsetzt. Und die Arbeit mit den Kollegen zusammen ist immer wieder belebend.

FDA – Und so gesehen, würdest du es wieder machen – so eine Ausstellung wie in der Kollegienkirche? Oder machst du immer wieder etwas, nur nicht das Gleiche?

RB – Es ist immer spannend, etwas Neues zu machen. Dieses Projekt in der Kollegienkirche ist ein Highlight. Etwas ganz Wunderbares. Allerdings ist es sehr zeit- und arbeitsintensiv. Aber die Zusammenarbeit mit Jutta ist sehr angenehm, bereichernd und wertschätzend. Ich würde es wieder machen!

JB – So habe ich das auch erlebt. Es war unglaublich viel Arbeit, weil es eben eine wirklich besondere Ausstellung mit einem besonderen Thema ist. Aber die Zusammenarbeit mit Rudi war super, und das hat vieles erleichtert.

FDA – Abschließende Worte?

RB – Mich fasziniert es einfach, eine Verbindung zu den Heiligen zu schaffen. Das war eine ganz andere Zeit. Das darf man nicht vergessen. Diese Zerrissenheit habe ich beim Johannes erlebt. Was nehme ich aus seinem Leben heraus? Und im Grunde war es dann was ganz Schönes. Zuerst hat mich die Enthauptung nicht losgelassen. Aber was machst du da? Und dann nach der Wallfahrt ist mir diese Idee gekommen – mit dem Wasser des Lebens, weil das bei der Taufe etwas ganz Wesentliches ist. Es ist halt doch nicht so einfach, wie manche denken, für ein abstraktes Bild einfach Farbe auf die Leinwand zu pinseln. Es soll ja identifizierbar sein. Mit dem Gedanken, den man hat und mit dem Heiligen, wie er gelebt gefühlt und gewirkt hat.

FDA – Herzlichen Dank, dass ihr uns einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellung gewährt habt. Wir wünsche euch viel Erfolg mit der Ausstellung!

[Dieses Interview ist ein Blick hinter die Kulissen der Kunstausstellung „Den Heiligen Farbe geben“, die Ende Oktober in der Kollegienkirche Salzburg eröffnet wird. Die Künstler Rudolf Brudl aus Straßwalchen und Jutta Blühberger aus Strobl haben sich mit zwölf Heiligen auseinandergesetzt, die dem Besucher der Ausstellung durch gemalte Kunstwerke und Texte näher gebracht werden.]

Vernissage: Sonntag 30. Oktober 2022 um 14 Uhr.
Ausstellungsdauer: 30. Oktober bis 20. November 2022.

Weitere Informationen über die Ausstellung.

Plakat Den Heiligen Farbe geben
Plakat zur Ausstellung in der Kollegienkirche „Den Heiligen Farbe geben“