Zwietracht – Evangelist Lukas.

Der Evangelienschreiber Lukas gehört zu der Gruppe der Zeitgenossen Jesus, die Rudolf Brudl für seine Kunstwerke ausgewählt hat. Das Thema, das der Straßwalcher Künstler damit assoziiert, ist „Zwietracht“. Den dazu gehörigen Rollentext hat Jutta Blühberger aus Strobl verfasst. Bild und Text sind Teil der Ausstellung „Den Heiligen Farbe geben“ in der Kollegienkirche Salzburg. Sie wird am 30. Oktober mit einer Vernissage um 14 Uhr eröffnet.

Bild und dazu gehöriger Vorstellungstext sind Teil der Kunstausstellung „Den Heiligen Farbe geben“, die Ende Oktober in der Kollegienkirche Salzburg eröffnet wird. Die Künstler Rudolf Brudl aus Straßwalchen und Jutta Blühberger aus Strobl haben sich mit 12 Heiligen auseinandergesetzt, die dem Besucher der Ausstellung durch gemalte Kunstwerke und Texte näher gebracht werden.

Vernissage: Sonntag 30. Oktober 2022 um 14 Uhr.

Ausstellungsdauer: 30. Oktober bis 20. November 2022.

Alle sind herzlich eingeladen!

Zwietracht – Evangelist Lukas (ca 21 v Chr – ca 63 n Chr), Acryl auf Leinwand, 100 x 140 cm
© 2022 Rudolf Brudl, www.rudolf-brudl.com

Evangelist Lukas (um 21 v Chr – um 63 n Chr)

Gestatten, mein Name ist Lucius. Lukas ist die Koseform davon. Meine Eltern wohnten in Antiochien und waren Heiden. Bekannt bin ich vor allem durch die Verfassung zweier Bücher der Heiligen Schrift: des nach mir benannten Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte. Über mein Leben gibt es wenig verlässliche Information und sehr viel Widersprüchliches. Sei’s drum.

Denn es freut mich, dass diese Schriftstücke, in die ich viel Herzblut hineinstecke, wichtiger sind in der Überlieferung als die Details meines Lebens. Ich schreibe sie für meinen verehrten Freund Theophilus. Er und andere Gläubige mit heidnischem Hintergrund sollen sich von der Zuverlässigkeit des Evangeliums überzeugen können.

Mir ist es wirklich wichtig, die Ereignisse rund um Jesu Leben und die Erlebnisse der Apostel zu dokumentieren. Dabei gehe ich mit wissenschaftlicher Sorgfalt vor. Ich informiere mich ausführlich bei denen, die Augenzeugen der Ereignisse sind. Außerdem versuche ich mein Möglichstes, diese Ereignisse in der richtigen Reihenfolge zu berichten. Das ist nicht immer einfach. Aber diese sorgfältige und wissenschaftliche Vorgehensweise scheint mir extrem wichtig, damit mein Freund (und andere nach ihm) von der Zuverlässigkeit der Ereignisse und der Lehre Jesu überzeugt sein können. Ohne diese Grundlage passiert es so leicht, dass man sich für Legenden und Halbwahrheiten begeistert. Wenn es im Leben hart auf hart kommt, dann erweist sich diese Basis als so wenig zuverlässig, wie ein Haus, das auf Sand gebaut ist. Darüber hat auch mein Kollege Matthäus geschrieben.

Ich selber bin ja kein Augenzeuge, aber es leben noch genügend Verwandte Jesu, Apostel und andere Zeugen der Geschehnisse. Diese Gelegenheit will ich nicht verpassen. Außerdem entspricht es meiner Berufsausbildung als Arzt, die Dinge sorgfältig zu recherchieren und nicht nur jeder beliebigen Erzählung zu glauben. Denn davon gibt es natürlich jede Menge.

Im Zuge meiner Nachforschungen lerne ich auch Paulus kennen. Seine Aussagen sind für mich eher zweitrangig, da er ja kein Augenzeuge ist. Er wird zwar als Apostel bezeichnet, obwohl seine Bekehrung und Berufung erst nach der Himmelfahrt von Jesus und dem Märtyrertod von Stephanus und Jakobus stattfinden. Christus erscheint Paulus in einer Vision und beruft ihn nachträglich zum Apostel. Durch seine Kenntnis der jüdischen Schriften und den persönlichen Visionen von Jesus hat er ein unglaubliches Verständnis der Zusammenhänge. Trotzdem will ich mich von seinem theologischen Ansatz nicht beeinflussen lassen.

Während ich noch dabei bin, die Aussagen der verschiedenen Augenzeugen zu verifizieren und aufzuschreiben, ergibt sich die Möglichkeit, Paulus auf seinen Reisen zu begleiten. Paulus und Silas sind von Antiochien aus aufgebrochen, um verschiedene Stationen der ersten Reise noch einmal aufzusuchen und den Gläubigen das Ergebnis des Apostelkonzils mitzuteilen.

Ich treffe sie dann in Troas und begleite sie eine Zeit lang. Auf die Weise kann ich mir selbst ein Bild machen, wie er arbeitet. Außerdem erfahre ich aus erster Hand, wie seine Missionsreisen bis dahin abgelaufen sind. Am Ende der dritten Missionsreise treffen wir uns wieder, diesmal in Ephesus.
Schließlich begleite ich Paulus auf seiner Reise nach Rom. Er reist als Gefangener, weil er sich auf den Kaiser berufen hat. Ich kann ihn als Arzt und Mitarbeiter begleiten. So kann ich die Ereignisse dieser gefährlichen Reise aus eigener Erfahrung schildern: wie uns der Nordost Sturm hinter Kreta erfasst, wie wir mehr als zwei Wochen auf dem offenen Meer treiben und schließlich bei Malta Schiffbruch erleiden. Erst drei Monate später können wir unsere Reise mit einem anderen Schiff fortsetzen und erreichen bald darauf Rom.

Während der folgenden zwei Jahre steht Paulus unter Hausarrest in Rom, aber die Autoritäten lassen ihm viele Freiheiten. In dieser Zeit schreibt er viele Briefe und ich nutze die Zeit, um meinen zweiten Bericht für Theophilus abzuschließen.

Anscheinend übergebe ich ihm meinen Bericht zu früh. Denn nicht lange danach wird Paulus hingerichtet. Und einige Jahre später wird Jerusalem erobert. Beides sind umwälzende Ereignisse, die ich gerne in meinem Bericht erwähnt hätte. Aber das lässt sich nicht mehr ändern. Außerdem geht auch mein Leben bald danach zu Ende. Und so ist es gut, dass ich nicht noch länger zugewartet habe.

Wenn ich nun auf mein Leben zurückschaue und mir die Situation im 21 Jhd., die Pandemie und andere Krisen vor Augen halte, dann würde ich allen empfehlen, meinem Forschungsansatz nachzueifern und „Faktenchecker“ zu werden.

Es gibt so viele Aussagen, die in der heutigen Zeit geglaubt und weitergegeben werden, ohne dass man sie auf ihre Verlässlichkeit überprüft. Früher dachten wir, dass nur Analphabeten und ungebildete Menschen alles glauben, was man ihnen erzählt und sie darum leichte Beute für Legenden und Falschmeldungen sind. Im 21. Jhd. gibt es nur mehr wenige, die nicht lesen können. Jeder hat Zugang zu Unmengen an Information durch das Internet. Leider verbreiten sich Fake News trotzdem schneller als wahre Nachrichten. Es braucht eindeutig mehr „Faktenchecker“ die gelernt haben, kritisch zu denken und nicht alles glauben!

Steckbrief

Geboren: um 21 v. Chr. als Heidenchrist in Antiochia, heute Antakya, Türkei
Beruf: Arzt, Evangelienschreiber, Jurist, angeblich Maler der ersten Ikonen
Gestorben: um 63 n. Chr. als Bischof in Theben, heute Thiva, Griechenland, möglicherweise als Märtyrer
Gedenktag: 18. Oktober
Attribute: Buch, Marienbild, Schreibfeder, Schriftrolle, Staffelei, geflügelter Stier, Arztgeräte

Zitat

„Nun habe auch ich mich entschlossen, nachdem ich allem von Beginn an sorgfältig nachgegangen bin, es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.“

(Lukasevangelium 1, 3-4)