Kultur und Bibelübersetzung.
Jim Wilder brachte ein interessantes Beispiel in seinem Webinar, wie unsere Kultur eine Bibelübersetzung beeinflussen kann. Er entdeckte das, als er als Redner in polnischen Kirchen unterwegs war. Sein Dolmetscher war sehr überrascht, als Jim Hebräer 12,2 aus seiner englischen Bibel vorlas:
Lasst uns aufschauen auf Jesus, dem Autor und Vollender unseres Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldete und dabei die Schande für nichts achtete, und der sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat. (Hebr 12,2)
Das griechische Wort αντι kann auf zwei Weisen übersetzt werden:
a) für, weil (anstelle von)
b) wegen, um
Im Falle von Hebräer 12,2 ergibt das den folgenden Unterschied – es kann übersetzt werden als:
1) Jesus …, der anstelle der Freude die vor ihm lag, das Kreuz aushielt … oder als
2) Jesus …, der wegen der vor ihm liegenden Freude das Kreuz aushielt.
Die meisten deutschen und englischen Übersetzungen wählten die zweite Option.
Nur die Luther Übersetzung wählt die erste Option. Manche Übersetzungen geben die jeweils andere Option als Fußnote an (z.B. die Neue Genfer Übersetzung).
Die polnischen Bibelübersetzungen wählten die erste Option. Das ist verständlich, wenn wir die Geschichte und den kulturellen Kontext betrachten:
Die Kultur in Polen hat wenig Freude und die Kirche wird als etwas betrachtet, das mit Leiden, nicht mit Freude zu tun hat. Folglich gehörte Freude nicht in die Kirche und wird sogar als offensiv wahrgenommen. Die Bibelübersetzer wählten folglich die erste Option wegen ihres kulturellen Hintergrundes und Jims Dolmetscher war sehr überrascht, als Jim diesen Vers aus seiner englischen Bibel zitierte.