Warum das westliche Christentum versagte 2
Im September und Oktober 2009 hat Deeper Walk International eine interessante Serie von drei Webinars zum Thema, „Warum das westliche Christentum versagte“ gebracht. Der Redner war Dr. Jim Wilder vom Shepherd’s House in Kalifornien.
- Der erste Teil handelte von einer 300 Jahre alten Philosophie, die die westliche Theologie schwer beeinflusste (das habe ich hier zusammengefasst)
- Der zweite Teil handelt davon, wie eine mittelalterliche Psychologie uns bis heute beeinflusst (Zusammenfassung siehe unten).
- Und der dritte Teil erklärt, wie wir auf Grund dieser zwei Einflüsse eine falsche Dichotomie entwickelten.
In diesem Blogeintrag gebe ich eine Zusammenfassung von Teil 2:
Viele Menschen merken nicht, dass unsere westliche Theologie durch alle möglichen anderen Dinge beeinflusst wurde, außer der Bibel.
Unter anderem gehören die folgenden Dinge dazu:
- Rationalismus – es geht dabei um das Denken der richtigen Dinge
- Voluntarismus – es geht um das Treffen der richtigen Entscheidungen
- Pietismus – hatte die Tendenz, den Körper zu vernachlässigen
- Nordeuropäische Kultur – beeinflußte Menschen im Überlebens-Modus zu leben, stoische Entscheidungen zu schätzen, Schmerzen und Gefühle zu ignorieren
>> Alle diese beeinflussen unsere Theologie.
>> Alle diese Denkweisen beeinflussen sogar, wie wir die Bibel übersetzen.
>> Sie beeinflussen auch, was wir für wichtig halten.
Ein Haupteinfluss ist die mittelalterliche Psychologie, die Menschen in zwei Hauptteile teilt:
Physische Zustände, der Körper, Gefühle und alles was damit verwandt ist, wurde als irrelevant für geistige Dinge betrachtet. Demgegenüber wurden der Intellekt und der Wille als getrennt vom Körper gesehen. Heute wissen wir, dass Intellekt und Wille mit dem Körper verbunden sind und stark auf einander einwirken. Sie können nicht voneinander getrennt werden, wie die mittelalterliche Psychologie meinte.
Trotz der neueren Einsichten, wie Gott uns geschaffen hat (dass Körper und Wille miteinander verbunden sind), verwendet die Theologie bis heute noch immer diese veralteten Kategorien.
Unser Körper werden als gefallen und unfähig Gott zu gefallen gesehen, während der Geist und der Wille als wichtiger gesehen werden, weil sie von Gott beeinflusst werden können, also etwas sind, das Gott verändern kann. Der Wille ist gefallen, aber kann durch Gottes Gnade bevollmächtigt werden, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der Körper und die Gefühle verursachen nur Probleme (implizit – sie übersteigen Gottes Fähigkeit zur Veränderung). Folglich wurde der Körper aus dem christlichen Unterricht ausgeschlossen und als unbedeutend betrachtet. Die Seele wurde manchmal als mit dem Körper verbunden betrachtet, daher als etwas gesehen, das Probleme verursacht. Die einzige Hoffnung war, dass Gott den Geist genug verändern würde, um Körper und Seele zu beherrschen. Die Lösung zu diesem Problem ist, mehr „Wahrheit“ (durch Unterrichten, Wissen) zu haben, um dem Geist zu helfen, den Körper zu beherrschen.
Das Resultat ist eine falsche Dichotomie, die unsere Theologie bis heute beeinflusst.
Das war vollkommen logisch in der mittelalterlichen Psychologie, aber heute nicht mehr! Es steht im Widerspruch zu dem, was wir heute über das Gehirn wissen:
Unser Gehirn ist hauptsächlich auf Beziehungen ausgerichtet. Jede Strategie, die das dominante Emotionale und Beziehungs-Zentrum des Gehirns ignoriert und Denken und Wille betont, ist ganz und gar keine „gute Nachricht“. Infolgedessen versuchen wir, die richtigen Dinge zu denken, aber wir agieren und reagieren noch immer auf die falsche Weise.
In seinem Buch „Descartes‘ Irrtum“ unterstrich Antonio R. Damasio, dass das was das menschliche Gehirn antreibt, unsere Gefühle und nicht unsere Logik sind. Zum Beispiel erfordert Trauma-Aufarbeitung die Wiederherstellung des Körperbewusstseins. Die Priorität unseres Gehirns ist es, zuerst zu fragen, was unser Körper fühlt, bevor es fragt, was wir denken.
Das hat mit unserem Vagusnerv zu tun, der dem Gehirn sagt, was wir glauben und beeinflusst unsere Beziehungen und was wir mögen. Dieser Vagusnerv klingt nicht sehr geistlich, aber er beeinflusst alles, was wir als „geistlich“ betrachten. Er besteht aus zwei Teilen:
- der dorsale Vagus – kümmert sich um unseren Körper
- der ventrale Vagus – reguliert unsere Beziehungen
Möglicherweise ist es wichtiger, unseren Vagusnerv „christlich“ zu machen als unser Denken!
Das Alte Testament spricht oft über unsere „inneren Teile“ (z.B. Jer 4,19, Klagelieder 2,11), aber sie werden häufig mit „Verstand“ auf Griechisch übersetzt. An anderen Stellen spricht der hebräische Text über die „Gedärme.“ Die Übersetzung dieser Verse zeigt oft eine Menge Voreingenommenheit. Da der Körper nicht wichtig ist, werden Gedärme manchmal als Herz übersetzt und manchmal als Gedärme und niemand interessiert es, ob diese Stellen sich wirklich auf die gleiche Sache beziehen.
Zusammenfassung der Voluntarist Philosophie
>> Das westliche Christentum dreht sich um Ideen und Entscheidungen.
>> Die Lösung – alle wichtigen Lebensprobleme werden durch Wahrheit und Entscheidung gelöst.
>> Diese Aussage sollte sich für dich als richtig anfühlen, weil unsere Kultur sagt, dass es so ist.
>> Die Bibelübersetzungen werden so gemacht, dass sie zur zentralen Annahme unserer Sprache und Kultur passen.
Zusammenfassung der mittelalterlichen Psychologie
>> Unsere Entscheidungen werden vom Verstand getroffen.
>> Unser Wille kommt von der Vernunft.
>> Verstand und Vernunft wohnen in unserem Geist bzw. unserem Denken.
>> Bibelübersetzung wird so gemacht, dass sie zu diesen Annahmen passt.
>> Verstand und Geist werden durch Entscheidungen und Wissen verändert.
>> Der Körper und die Gefühle sind für das geistige Leben unwichtig.
Korrekturen zur mittelalterlichen Psychologie
>>Das was das Gehirn, den Willen, den Körper und die Gefühle beeinflusst, sind Beziehungen nicht Informationen!
Wen du liebst oder wen du fürchtest, wird bestimmen wie du dich entscheidest, wie dein Körper darauf reagiert und was du darüber fühlst. Beziehungen werden in Wirklichkeit in deinem Gehirn erlebt, nicht in deinen Gefühlen, nicht in deinem Körper, nicht in deinem Willen.
>> Wir haben mehr als einen Willen und es kann zum Konflikt zwischen den verschiedenen Willen kommen.
>> Gefühle und verwandte Körperreaktionen sind Teil der Steuerung des Gehirns.
>> Beziehungen, die auf Liebe basieren, erzeugen andere Deutungen von Informationen in unserem Intellekt als die gleichen Informationen in einer auf Furcht basierenden Beziehung.
Zum Beispiel, „Dein Vater kommt“ kann zwei unterschiedliche Reaktionen erzeugen und hängt davon ab, ob die Beziehung, in Liebe oder Furcht verwurzelt ist. Dasselbe geschieht mit biblischen Informationen – „Gott sieht dich“ kann zwei unterschiedliche Reaktionen verursachen.
Mit dem Herrn leben, bedeutet unsere „Gedärme“ umwandeln zu lassen.
Wir brauchen ein Christentum, das beide Seiten unseres Charakters umwandelt, auch unseren Körper, nicht nur unseren Verstand. Wir müssen diese falsche Dichotomie überwinden (mehr darüber in Teil 3).
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