Wie Sand am Meer (2025).

Das Kunstwerk „Wie Sand am Meer“ ist mein Beitrag zur Ausstellung „8 Milliarden“ in der Berchtoldvilla Salzburg im Juli/August 2025. Es besteht aus 10 ovalen MDF-Platten mit verschiedenen Sandarten.

Wie Sand am Meer, verschiedene Sandarten, Zement, Marmormehl, Intonaco, Tusche, Tempera, Öl, Wachs, Pigmente auf MDF, 50 x 40 cm (10-teilig) * Like Sand by the Sea, different types of sand, cement, marmor dust, intonaco, ink, tempera, oil, wax, pigments on MDF wood, 20 x 16 in (ten pieces) © 2025 by Jutta Blühberger www.juttabluehberger.at (650301)
Wie Sand am Meer, verschiedene Sandarten, Zement, Marmormehl, Intonaco, Tusche, Tempera, Öl, Wachs, Pigmente auf MDF, jeweils 50 x 40 cm (10-teilig)

Werkbeschreibung von „Wie Sand am Meer“

Die 10 ovalen Platten zeigen die Ziffern 8-0-0-0-0-0-0-0-0-0. Die ungleiche Verteilung der 8 Milliarden Weltbevölkerung wird durch die unterschiedliche Menge an Sandkörner deutlich. Die fünf verschiedenen Arten von Sand haben jeweils eine unterschiedliche Körnung und Farbe, mit der sie die Bevölkerung der verschiedenen Kontinente und ihre Einkommensverteilung visualisieren.

In den drei unteren Sandschichten (Arme, Mittelstand, Millionäre) repräsentiert jedes Sandkorn 100 Personen, in den zwei oberen (Milliardäre, dreistellige Milliardäre) stehen sie für je eine Person. Die größere Sandgröße für Millionäre und Milliardäre symbolisiert deren gesellschaftliche Sichtbarkeit und Einfluss. 

Die unterschiedlichen Sandarten machen sichtbar, dass 7/8 der Weltbevölkerung in Armut leben. Nur ein Achtel verfügt über ausreichende Mittel zum Leben. Der Großteil der 8 Milliarden lebt in SO-Asien und Inselasien. Die oberste Milliarde befindet sich vor allem in der sogenannten „Westlichen Welt“ (Nordamerika, Europa, Japan), wo sie jeweils rund die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.

Die verwendeten Sandarten

Jedes Sandkorn der folgenden Sandarten steht für eine bestimmte Anzahl Personen aus unterschiedlichen Einkommensgruppen. Es handelt sich dabei um fünf verschiedene Sandarten.

  1. Quarzsand, Korngröße 0,1-0,5 mm (beigegrau) – steht für 100 Personen, die weniger als 40 Int. $ (Internationale Dollar) pro Tag zur Verfügung haben. Diese Einkommensschichte der Armen macht sieben Achtel (7/8) der Weltbevölkerung aus!!! Die ungefähr 7 Milliarden Menschen wurden durch 2,66 kg Quarzsand dargestellt.
  2. Marmorsand Alpengrün, Korngröße 0,1-0,5 mm (grünlich) – 100 Personen, die mehr als 40 Int. $ pro Tag zur Verfügung haben. Die ungefähr 1 Milliarde Menschen der Mittelschicht wurden durch 0,34 kg Marmorsand dargestellt.
  3. Quarzit Orange, Korngröße 0,6-1,2 mm (gelborange) – jedes Sandkorn steht für 100 Millionäre. Die ungefähr 56.300.000 Millionäre wurden durch 0,32 kg Quarzit dargestellt.
  4. Marmorsplitt Prugna, Korngröße 1,8-2,5 mm (rotbraun) – jedes Sandkorn ein Milliardär. Die 2650 Milliardäre wurden durch 0,04 kg Marmorsplitt dargestellt. 
  5. Kieselsteine (vergoldet) – jeder Kieselstein ein dreistelliger Milliardär. Davon gibt es derzeit 18, wovon 15 in den USA leben. 

*) Der Internationale Dollar ist eine theoretische Währung, die lokale Währungen und Lebensstandards vergleichbar macht (ourworldindata.org). Wer weniger als 40 Int. $ zur Verfügung hat, lebt mehr oder weniger in Armut oder ist zumindest armutsgefährdet. Das betrifft sieben Achtel der Weltbevölkerung!

Bewegende Einsichten

Von Anfang an war mir klar, dass ein Großteil der 8 Milliarden in Asien lebt. Landkarten die das verdeutlichen hatte ich schon öfter gesehen. Speziell die Grafik von @justforstev24 macht das sehr deutlich. Indien und China sind die Epizentren von je einem Viertel der Weltbevölkerung. Zusammen mit ihren Nachbarstaaten bilden sie dadurch die Hälfte der Weltbevölkerung.

Dass nur ein Achtel der Weltbevölkerung wirklich genug zum Leben hat, war eine der bewegenden Einsichten im Vorfeld. Als ich dann anfing, die Sandmengen der verschiedenen Kontinente abzumessen, habe ich rein aus Neugierde die „oberen“ Sandschichten auch mit Quarzsand abgemessen (anstelle der anderen Sandarten). Auf die Weise entstanden die folgenden Fotos, in denen man das Verhältnis von Reich und Arm sieht. Wer in der sogenannten „Westlichen Welt“ lebt, unterschätzt meist wie hoch der Anteil der Armen ist.

Die Entstehungsgeschichte von „Wie Sand am Meer“

Die Ausstellung in der Berchtoldvilla mit dem Titel „8 Milliarden“ verlangte eine besondere Herangehensweise. Bereits im Vorjahr begannen meine Überlegungen und Berechnungen und mündeten schließlich in „Wie Sand am Meer“, meinem bisher größten Kunstwerk. Je nach Dichte der Hängung misst es ungefähr 120 x 280 cm.

Da ich bereits 2024 mehrere Kunstwerke mit verschiedenen Sandarten gemacht habe, entstand daraus die Idee, die 8 Milliarden Weltbevölkerung mit Sand darzustellen. Nur wie berechnet man 8 Milliarden Sandkörner? 8.000.000.000 Sandkörner abzählen war keine Option. In mehreren Berechnungsvarianten und einem Probestück habe ich mich langsam an das Endergebnis herangearbeitet. Die Sandkörner sollten möglichst groß sein, damit man sie mit bloßem Auge sehen kann, aber klein genug, damit das Endergebnis noch ins Haus bzw. an die Wand passt.

So hatte die erste Berechnungs-Variante ein Gesamtgewicht von 120 Tonnen oder 75 Kubikmeter. Das entspräche einem Zimmer von 5 mal 5 Metern Grundfläche und 3 Metern Höhe. Das war also keine echte Option.

Danach kamen mehrere andere Varianten, bis ich meinen Plan für eine provisorische Einreichung formulierte. Aber selbst die musste ich noch einmal revidieren, als ich einen Sack Quarzsand neben die Holzplatte legte. Ich war zu optimistisch, wie viele Kilogramm ich auf einer Holzplatte befestigen kann.

Wie Sand am Meer: die Probeplatte für Asien und der Quarzsand

Selbst wenn man „nur“ 8,5 kg für diesen Kontinent braucht, ist es nicht realistisch, dass man die entsprechende Masse auf der MDF Platte innerhalb der Grenzen aufbringen kann.

Schlussendlich entschied ich mich schweren Herzens doch für eine kleinere Sandgröße. Trotz dieser Verringerung wiegt das Endergebnis 27 kg.

Außerdem wurde bald klar, dass mein üblicher Binder so eine dicke Schichte Sand nicht ausreichend binden kann.

Also entschloss ich mich bei den bevölkerungsreichen Länder einen Teil des Sandes durch Zement zu ersetzen, den ich in manchen Fällen noch zusätzlich mit Schrauben sicherte.

Bald merkte ich, dass sich eine so dicke Zementmasse nicht an die vorgegebenen Grenzen hält, sondern sich während des Trocknungsprozesses ausbreitet und zu einem unförmigen Klumpen wird.

Unförmiger Zement

Entstehung der Kontinente

Obige Herausforderung habe ich damit gelöst, indem ich alle Kontinente zuerst aus einer Sperrholzplatte ausschnitt. Dann brachte ich die erste Sandart auf (unterste Einkommensgruppe), bevor ich sie auf die MDF-Platten montierte. Auf die Weise gelang es mir, auch die dickeren Sand- und Zementmassen auf die Grenzen der Kontinente zu beschränken.

Bereits vor dem Befestigen der Kontinente, musste ich sämtliche Bearbeitungsschritte an der Rückseite der Platten durchführen – das heißt einen Abstandsring von einer runden Leinwand und „Wallbuddies“ (gezackte Dreiecke für die Aufhängung) befestigen, ebenso wie die Beschriftung und die Unterschrift. Sobald sich auf der Vorderseite mehrere Sandschichten befinden, könnte ich auf der Rückseite keinen Druck mehr ausüben.

Das Meer entsteht

Als nächstes erhielten die Meeresflächen eine Sandgrundierung. Als diese trocken war, konnte ich darauf dann die Marmormehlstruktur und die Intonaco-Schichte auftragen.

So sah das Zwischenergebnis aus:

Zwischenergebnis - Wie Sand am Meer

Nach einer längeren Trocknungszeit entstanden die für Intonaco typischen Risse im Material, die ich mit Tuscheschüttungen zur Geltung brachte. Leider entstand dabei eine unbeabsichtigt Verfärbung der Kontinente. Der Sand der Kontinente hat die flüssige Tuscheschüttung aufgesaugt. Ich glaube das nennt man Kapillareffekt. Das war nicht geplant! Diese Fehlentwicklung musste ich dann mit Pigmenten und Tempera korrigieren. Auch an den Teilen, bei denen ich Zement verwendet habe, musste ich die Farbe mit Pigmenten korrigieren, da der Zement eine hellere Färbung des Quarzsandes bewirkte.

Als alles getrocknet war und die Sandschichten wieder die geplante Farbe hatten, konnte ich die Wachsalben-Lasuren auf den Meeresflächen aufbringen.

Weitere Entwicklung der Kontinente

Nach und nach habe ich danach auf allen Kontinenten die entsprechenden Sandmengen für die weiteren Einkommensschichten befestigt. Als letztes kamen die vergoldeten Kieselsteine drauf. Bei der Verteilung der abgemessenen Sandmengen auf den Kontinenten, berücksichtige ich vor allem die Bevölkerungsdichte in der folgenden Darstellung.

By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via map-projections.net
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via map-projections.net

In manchen Fällen – vor allem bei den Inseln – war es auch nötig, dass ich mir genauere Angaben zu einzelnen Ländern heraussuchte, um die Sandverteilung besser steuern zu können. Trotzdem ist das Kunstwerk natürlich keine exakte Wissenschaft.

Bei Ländern die aus mehreren Teilen bestehen, war das besonders schwierig. Auch bei der Verteilung der oberen Einkommensschichten und Kieselsteine bei großen Ländern war ich mehr auf Vermutungen angewiesen, weil es keine Statistiken über die Verteilung innerhalb eines Landes gibt. Außerdem haben die Reichen oft mehr als einen Wohnsitz.

Im Folgenden ein paar ausgewählte Beispiele von Bevölkerungsdichten im Vergleich zu Österreich.

LandPersonen pro km2
Österreich110
Australien3
USA36
Bangladesch1.300
Singapur7.850
Monaco18.680

Verschiedene Zwischenstadien während der Arbeit:

Wie Sand am Meer

So entstand nach mehreren Monaten Arbeit mein bisher größtes Werk „Wie Sand am Meer“.

Je nach den Abständen zwischen den Platten (von jeweils 50 x 40 cm), kann die Installation auf einem Minimum von 110 x 240 Zentimeter gehängt werden, oder wie in der Ausstellung auf ungefähr 120 x 280 oder auch mehr hängen. Die einzelnen Platten wiegen zwischen 2,3 und 4 kg. Alle zusammen wiegen knapp über 27 kg.

Mit diesem Werk möchte ich den unvorstellbar vielen Menschen weltweit ein Denkmal setzen. Vor allem wünsche ich mir, dass es den Ausstellungsbesuchern, die wahrscheinlich nur aus der „Westlichen Welt“ kommen, die Augen öffnen, dass wir nicht alleine auf dem Planeten sind. Eigentlich sind wir eine Minderheit. Und wir sind unglaublich privilegiert!