Loslösung – Franz von Assisi.

Die Strobler Künstlerin Jutta Blühberger hat Franz von Assisi für die Ausstellung „Den Heiligen Farbe geben“ ausgewählt. Er gehört zur Gruppe der Mystiker, die in der Kollegienkirche Salzburg vertreten sind. Gleichzeitig ist er auch einer der Heiligen, die sich für Benachteiligte eingesetzt haben.

Die Künstler Rudolf Brudl aus Straßwalchen und Jutta Blühberger aus Strobl haben sich mit 12 Heiligen auseinandergesetzt, die dem Besucher der Ausstellung durch gemalte Kunstwerke und Texte näher gebracht werden.

Vernissage: Sonntag 30. Oktober 2022 um 14 Uhr.

Ausstellungsdauer: 30. Oktober bis 20. November 2022.

Loslösung – Franz von Assisi / Francesco d’Assisi (1181/2 – 1226), Marmormehlstruktur + Tempera + Öl + Wachs auf Keilrahmen, 100 x 140 cm * Marble Dust Texture + Tempera + Oil + Wax on canvas, 40 x 55 in * Pudre de marbre texture + tempera + huile + cire sur toile, 100 x 140 cm © 2022 by Jutta Blühberger www.juttabluehberger.at

Franz von Assisi (1181/2 – 1226)

Gestatten: Giovanni Battista di Pietro di Bernardone. Der Name klingt nicht vertraut? Meine Eltern gaben mir den Beinamen Francesco. Daraus wurde später Franziskus oder „Franz von Assisi“. Denkt ihr jetzt als Erstes an meine Predigt zu den Vögeln? Oder eher an den Sonnengesang? Oder dass ich zwei Jahre vor meinem Tod die Wundmale Jesu empfange? 

Mein Hauptanliegen aber ist etwas ganz anderes: die Erneuerung der Kirche Jesu. Das ist meine Berufung, die ich anfangs zu wörtlich verstehe, als Jesus in einer Vision zu mir sagt: „Bau mein Haus wieder auf“. Erst mit der Zeit begreife ich, dass es nicht um Mörtel und Ziegel für die baufällige Kirche in San Damiano geht, sondern um eine geistliche Erneuerung der weltweiten Kirche, die verweltlicht und satt ist und nicht mehr dem Vorbild Jesu folgt. 

Daraus wächst die Leitlinie, die ich für mich und meine Brüder formuliere: Wir wollen die Christusnachfolge durch radikale Armut verwirklichen. Strick statt Gürtel, Flicken statt Kutte, Besitzlosigkeit statt Prunk. Verkaufe alles was du hast; Nimm nichts mit; Verleugne dich selbst.

Einerseits ist es mir wichtig, mich dem Papst als geistliches Oberhaupt der Kirche zu unterstellen und seinen Segen zu erbitten. Anderseits sehe ich aber auch die Notwendigkeit, den Reichtum und Prunk derselben Kirche durch unseren Lebensstil in Frage zu stellen. Ich hege die Hoffnung, dass wir dadurch vielleicht doch manchen Obersten zum Nachdenken bringen können. Das hätte dann hoffentlich die geistliche Erneuerung des Einzelnen und damit der gesamten Kirche zur Folge. Christus selber und seine Lehre sollen unser Herr sein, und die Armut unsere Herrin! 

Je größer die Schar der Brüder wird, umso schwieriger scheint es, daran festzuhalten. So stimme ich widerwillig einer menschlichen Ordensregel zu. Aber an einem Punkt bleibe ich hart – Zeit meines Lebens darf die Bruderschaft keine Gebäude besitzen! Leider ändert sich das schon kurz nach meinem Tod.

Immer wieder ziehe ich mich in die abgelegenen Klausen und die Natur zurück. Dort finde ich die nötige Abgeschiedenheit zur innigen Gemeinschaft mit meinem Herrn und seiner Schöpfung. Das ermöglicht es mir, nach herausfordernden Zeiten der äußeren Christusnachfolge, als Wanderprediger und Leiter einer großen Bruderschaft, meine innere Christusnachfolge zu pflegen. In so einer Situation, schenkt mir Gott eine überwältigende Vision seines Leidens, die in meiner Stigmatisierung endet. Freude und Schmerz in unglaublicher Weise vereint! 

Das Alltagsleben meiner Zeit mag in der heutigen Zeit unverständlich und fremd scheinen. Und doch gibt es eine Reihe Parallelen zum 21. Jhd.: Zu meiner Zeit ist die Kirche dabei ihre Glaubwürdigkeit durch diverse Skandale zu verlieren. Sehr oft geht es um Sexskandale und Finanzen. Klingt das vertraut? Trotzdem habe ich die Kirche nicht kritisiert, sondern mich an den Grundsatz Gandhis gehalten: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst.“ Die Transformation der Kirche und der Welt beginnt demnach bei dir!

Meine Beziehung zur Natur mag manchen als übertrieben romantisch erscheinen und eine Predigt an die Vögel der Gipfel der Fantasterei. Manche bezeichnen mich als Naturmystiker und mein Denken als Schöpfungsspiritualität. Worum es mir wirklich geht, ist im 21. Jhd. genauso aktuell, wenn nicht noch mehr: die Wertschätzung der Schöpfung! 

Nur wer die Umwelt als „Bruder und Schwester“ sieht, findet darin die nötige Motivation zum Natur- und Umweltschutz. Auch Klimaschutz funktioniert nicht, wenn wir nicht bereit sind, die eigenen Bedürfnisse zurückzustecken und mit weniger auszukommen. Eine tiefe Beziehung zu Gott kann dabei sehr hilfreich sein, wenn man sich vom Konsumdenken und Materialismus lösen will. Denn nur Gott kann uns die Erfüllung schenken, die wir so oft in anderen Dingen suchen. Als ehemaliger Partylöwe weiß ich, wovon ich rede. 

Nicht nur die Natur braucht Wertschätzung. Sondern auch jeder einzelne Mensch. Besonders die Randgruppen der Gesellschaft. Jeder Drogensüchtige, Obdachlose, Behinderte, usw. hat in Gottes Augen Würde. Für mich besteht die größte Herausforderung die Lepra-Kranken zu lieben – statt mir Mund und Nase zuzuhalten und davon zu laufen. Als Jesus mich auffordert, einen von ihnen zu küssen, kann ich mit Gottes Hilfe meinen krankhaften Ekel überwinden. In ähnlicher Weise gibt es in der heutigen Zeit verschiedene Bevölkerungsgruppen, vor denen ihr euch die „Nase zuhaltet“. Aber Jesus fordert uns heraus, gerade diese zu umarmen und mit Wertschätzung zu behandeln. Für manche mögen das vor allem Flüchtlinge sein, für andere Corona-Kranke, wieder für andere Obdachlose. Oder „nur“ jene, die anderer Meinung sind.

Steckbrief

Geboren: 1181/2 in Assisi
1202 Gefangenschaft und Krankheit, 1205 Berufung, 1206 vom Vater enterbt, 1209/10 Ordensgründung und mündliche Erlaubnis des Papstes, 1217 Ausweitung der Missionstätigkeit, 1219 Kreuzzug, 1221/3 Ordensregel
Gestorben: 3. Oktober 1226 im Kloster Portiuncula
Gedenktag: 4. Oktober 
Attribute: Buch, gekreuzigter Christus, Franziskaner Habit, Kruzifix, Lamm, Lilienstab, Rosenkranz, Totenkopf, Weltkugel, Wolf, Stigmata

Zitate

“Der Mensch denkt sich Gott so, wie er ihn sich wünscht; aber Gott bleibt immer so, wie er ist.”

“Der Weg zu Gott kann niemals am Menschen vorbeiführen.”

“Nur in den Armen können wir Gott etwas schenken.”

“Die Heilige Schrift lesen, heißt von Christus Rat holen.”

“Selig, wer sich vor seinen Untergebenen so respektvoll benimmt, wie wenn er vor seinen Vorgesetzten stünde.”

“Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers – unsere Brüder.”

Sonnengesang

Höchster, allmächtiger, guter Herr, 
dein ist das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie
und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.

Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, 
besonders dem Herrn Bruder Sonne,
der uns den Tag schenkt und durch den du uns leuchtest. 
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz:
von dir, Höchster, ein Sinnbild.

Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Mond und die Sterne.
Am Himmel hast du sie geformt, klar und kostbar und schön.

Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Wind,
für Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter,
durch das du deine Geschöpfe am Leben erhältst.

Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Wasser.
Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar und keusch.

Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer,
durch den du die Nacht erhellst.
Und schön ist er und fröhlich und kraftvoll und stark.

Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester Mutter Erde,
die uns erhält und lenkt
und vielfältige Früchte hervorbringt, mit bunten Blumen und Kräutern.

Gelobt seist du, mein Herr, für jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Not.
Selig, die ausharren in Frieden,
denn du, Höchster, wirst sie einst krönen.

Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester, den leiblichen Tod;
kein lebender Mensch kann ihm entrinnen.
Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben.
Selig, die er finden wird in deinem heiligsten Willen,
denn derzeit Tod wird ihnen kein Leid antun.

Lobt und preist meinen Herrn
und dankt und dient ihm mit großer Demut.

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