Wasser des Lebens – Johannes der Täufer.

Johannes der Täufer gehört zur Gruppe der Zeitgenossen Jesu, die Rudolf Brudl für die Ausstellung „Den Heiligen Farbe geben“ ausgewählt hat. Jutta Blühberger schrieb dazu einen Vorstellungstext, der ihn für den Betrachter auf Augenhöhe holt.

Die Künstler Rudolf Brudl aus Straßwalchen und Jutta Blühberger aus Strobl haben sich mit 12 Heiligen auseinandergesetzt, die dem Besucher der Ausstellung durch Bilder und Texte näher gebracht werden. Die Ausstellung „Den Heiligen Farbe geben“ findet in der Kollegienkirche Salzburg statt und wird Ende Oktober eröffnet.

Vernissage: Sonntag 30. Oktober 2022 um 14 Uhr. 

Ausstellungsdauer: 30. Oktober bis 20. November 2022.

Wasser des Lebens – Johannes der Täufer (ca 5 v Chr – ca 30 n Chr), Acryl auf Leinwand, 100 x 140 cm
© 2022 Rudolf Brudl, www.rudolf-brudl.com

Johannes der Täufer (um 5 v Chr – um 30 n Chr)

Gestatten, mein Name ist Johannes, Sohn von Zacharias und Elisabeth, genannt der Täufer. Vermutlich bekam ich den Zunamen, damit es keine Verwechslung gibt mit Johannes dem Evangelisten, Jünger Jesu und Schreiber des gleichnamigen Evangeliums. 

Mein Leben, insbesondere der Beginn und das Ende meines Lebens sind mit berühmten, wenn auch traurigen, Ereignissen verbunden. Meine Eltern waren längst nicht mehr zeugungsfähig, als ein Engel meinem Vater während seines Dienstes als Priester begegnet. Die frohe Botschaft, dass ihre Gebete um Nachwuchs doch noch erhört werden, endet in einem Desaster: mein Vater reagiert ungläubig und wird stumm. Das bleibt so bis zu meiner Namensgebungsfeier. Na ja, ich glaube, er hat sich trotzdem gefreut. Es gibt noch ein anderes, aber weniger bekanntes Ereignis vor meiner Geburt: als die schwangere Maria meine Mutter besucht, vollführe ich anscheinend Freudensprünge im Bauch meiner Mutter. Bloß daran kann ich mich nicht erinnern. Beide Frauen haben viel gemeinsam, auch wenn sie altersmäßig mehrere Jahrzehnte trennen. 

Als junger Erwachsener zieht es mich dann in die Wüste. Dort verbringe ich einige Zeit in Vorbereitung für meinen Dienst. Mit der Zeit kristallisiert sich meine Berufung als Prophet heraus, die der Engel angekündigt hat. Ich halte mich also an die Vorschriften für Nasiräer und lebe als Asket. Das macht mich zu einem Sonderling, denn ich ernähre mich unter anderem von Heuschrecken und wildem Honig. Außerdem ist meine Kleidung relativ ausgefallen – sie ist aus Kamelhaar. Kein Wunder, dass sich die Leute über mich lustig machen und alle möglichen Gerüchte über mich in Umlauf sind. Manche meinen, ich sei verrückt und von Dämonen besessen.

Nach einiger Zeit beginne ich Bußpredigten zu halten und Menschen zu taufen. Ich bin in meinen Zwanziger Jahren. Ich prangere die typischen Sünden der verschiedenen Bevölkerungsgruppen an, die wie Schaulustige aus der Stadt kommen, um mir zuzuhören. Wie andere Bußprediger vor mir rufe ich Menschen auf, sich zur Vergebung ihrer Sünden und als Zeichen ihrer Buße taufen zu lassen. Jedoch meine wichtigste Botschaft, ist die Ankündigung des Messias. Ich bin sein Wegbereiter. 

Nachdem Jesus ein Verwandter von mir ist, kenne ich ihn natürlich, und weiß wer vor mir steht, als auch er zu mir an den Jordan kommt. Aber dass er sich taufen lassen will, leuchtet mir irgendwie nicht ein. Er ist doch der Messias, oder nicht? Sollte nicht er MICH taufen? Er jedoch besteht darauf. Und ich bin froh, dass ich es tue. Denn als er aus dem Wasser steigt, schenkt Gott eine unglaubliche Offenbarung – eine Stimme aus dem Himmel „Das ist mein geliebter Sohn“ und das Herabkommen des Geistes Gottes auf Jesus. Er sieht aus wie eine Taube. Nun gibt es keine Zweifel mehr – Jesus von Nazareth ist wirklich das Lamm Gottes für die Sünden der ganzen Welt! Später habe ich trotzdem gezweifelt. 

Als Bußprediger nehme ich kein Blatt vor den Mund. Das ist meine Aufgabe – Menschen zur Umkehr zu rufen. Als dann Herodes Antipas seine erste Frau verstößt, damit er die Frau seines Halbbruders heiraten kann, muss ich das genauso anprangern. Das ist für mich unakzeptabel – ein Leiter des Volkes, der so ein schlechtes Vorbild ist und sich über das Gesetz Mose hinwegsetzt. Das geht einfach nicht. Es ist eine echte Schande! Bald danach werde ich festgenommen. Herodes hat Angst vor mir. Dass er mich solange gefangen hält, damit habe ich allerdings nicht gerechnet. 

In diesem Jahr machte mein Glaube eine ziemliche Krise durch. Mein Cousin Jesus scheint sich noch immer nicht eindeutig als Messias zu offenbaren. Ist er es wirklich? Oder habe ich mich getäuscht? Als ich meine Zweifel nicht mehr ertragen kann, schicke ich meine Anhänger zu ihm. Seine Antwort auf meine Frage ist nicht, die ich erhofft habe, jedoch eindeutig: Die Wundertaten, die er am laufenden Band tut, erfüllen die Verheißung in Jesaia 35 für den Messias. 

Ungefähr ein Jahr nach meiner Gefangennahme gibt es eine unerwartete Wendung. An Herodes Geburtstag tanzt die Tochter seiner zweiten Frau für ihn und er verspricht ihr eine Belohnung. Wer hätte gedacht, dass sich das Mädchen von ihrer Mutter dazu aufstacheln lässt, meinen Kopf in einer Schale zu erbitten. So kommt mein Ende schneller als erwartet. Doch ich gehe in Frieden, wissend, dass ich meinen Teil zur Weltgeschichte beigetragen habe – als Wegbereiter für den Messias und Sohn Gottes, dem Opferlamm für die Sünden aller Menschen weltweit! 

Natürlich hätte ich mir einen anderen Ausgang der Geschichte gewünscht. Trotzdem – ich bereue es nicht, den Herrschenden kritisiert zu haben. Gerade Führungspersonen haben die Verantwortung als Vorbilder zu leben. Genau das ist auch im 21. Jhd. eine Verantwortung der Gläubigen – die Fehler von Mächtigen benennen und sie zur Umkehr aufrufen. Sie dürfen sich nicht über das Gesetz stellen! Wenn sie schon nicht Gottes Gesetz befolgen, dann müssen sie sich zumindest an das staatliche halten. Denn wer mehr Macht hat, hat auch mehr Verantwortung! 

Steckbrief

Geboren: 1. Jhd. v. Chr. im judäischen Bergland als Sohn eines Priesters
Beruf: Bußprediger, Täufer und Prophet
Gestorben: um 30 n. Chr. als Märtyrer auf der Festung Machaerus am Toten Meer
Gedenktag: 24. Juni
Attribute: Fellkleid, abgeschlagenes Haupt auf der Schale, Kreuzstab, Lamm, Buch, Taufschale oder Muschel, Stab

Zitate

Johannes über Jesus:
„Das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!” (Joh 1,29)
„Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb.“ (Joh 1,32)

Jesus über Johannes:
„Unter allen Menschen, die je geboren wurden, hat es keinen Größeren gegeben als Johannes den Täufer; und doch ist selbst der Geringste im Himmelreich größer als er.” (Mt 11,11)