Freiraum – Leonhard von Limoges.

Leonhard von Limoges bzw. von Noblat gehört zu jenen Heiligen, die sich für Benachteiligte eingesetzt haben. Jutta Blühberger aus Strobl hat ihn mit Bild und Text für die Ausstellung thematisiert, um ihn auf Augenhöhe zu holen.

Das Bild und der dazu gehörige Vorstellungstext sind Teil der Kunstausstellung „Den Heiligen Farbe geben“, die Ende Oktober in der Kollegienkirche Salzburg eröffnet wird. Die Künstler Rudolf Brudl aus Straßwalchen und Jutta Blühberger aus Strobl haben sich mit 12 Heiligen auseinandergesetzt, die dem Besucher der Ausstellung durch gemalte Kunstwerke und Texte näher gebracht werden.

Vernissage: Sonntag 30. Oktober 2022 um 14 Uhr.

Ausstellungsdauer: 30. Oktober bis 20. November 2022.

Freiraum – Léonard de Limoges (ca 500 – 559), Marmormehlstruktur + Tempera + Öl + Wachs auf Keilrahmen, 100 x 140 cm * Marble Dust Texture + Tempera + Oil + Wax on canvas, 40 x 55 in * Pudre de marbre texture + tempera + huile + cire sur toile, 100 x 140 cm © 2022 by Jutta Blühberger www.juttabluehberger.at

Leonhard von Limoges (um 500 – 559)

Gestatten, mein Name ist Leonhard. Besser bekannt als der „Kettenheilige“. Manche nennen mich auch den „bayrischen Herrgott“ oder „Bauernherrgott“. Aber keiner dieser volkstümlichen Ehrentitel scheint mir wirklich passend. Doch eins nach dem anderen.

Meine Eltern kommen aus der weitverzweigten Verwandtschaft des Frankenkönigs Chlodwig I. (481-511), aus dem Geschlecht der Merowinger. Mein Vater hat eine leitende Stellung in der Palastwache am Königshof. Manche sagen, ich wurde in der Nähe von Limousin in Gallien geboren, andere sagen in Orléans. Das Geburtsjahr ist rund um das Jahr 500 n.Chr. Sicher ist nur, dass mich der Bischof Remigius von Reims (440-534) tauft und König Chlodwig I. mein Taufpate ist. Sowohl meine Eltern wie mein königlicher Taufpate sind erst kurz davor Christen geworden. Bischof Remigius hat sie und mich getauft. Er kümmert sich später auch um meine theologische Ausbildung. 

Das Schicksal von Gefangenen hat mich immer tief bewegt. Daher begebe ich ich oft in Gefängnisse und setze mich für Gefangene ein. Die Haftbedingungen zu meiner Zeit sind alles andere als rosig und kaum vergleichbar mit heute. Oft handelt es sich um finstere Verließe. Glücklicherweise hat mein Taufpate ein offenes Ohr für meine Fürsprache. So geschieht es, dass er immer wieder Gefangene frei lässt und mein Ruf sich unter ihnen ausbreitet. Auch bei seinem Nachfolger Chlothar I. (um 500-561) finde ich immer wieder Gunst für meine Anliegen. 

Eine Zeit lang lebe ich in Orléans in einem Kloster. Als mir der König ein Bischofsamt anbietet, lehne ich es ab und ziehe mich als Eremit in die Wälder von Limoges zurück. Nur mein Geselle Liphardus begleitet mich. Von meiner Klause aus beginne ich Kranken und Hilfsbedürftigen zu predigen und sie zu heilen. 

Dort in den Wäldern begegnet mir eines Tages der König und die Königin. Sie sind auf der Jagd als die Wehen der Königin einsetzen. Der König fürchtet um das Leben seiner Frau und seines Kindes. Ich höre den Lärm der aufgeregten Menschenmenge und kann mit praktischer Hilfe und Gebet dazu beitragen, dass der Königssohn und Thronfolger gesund zur Welt kommt. 

Der König ist natürlich hoch erfreut und will mich mit Gold und Silber entlohnen. Aber daran liegt mir nichts. Ich bitte ihn nur um ein Stück Wald, wo ich als Einsiedler leben kann. Der König will mir gleich den ganzen Wald schenken, aber das ist mir zu viel. Ich will nicht mehr Land besitzen als ich in einer Nacht mit dem Esel umreiten kann. Dieses Stück Wald wird dann zum Zuhause meines Klosters und der Gemeinschaft, der ich bis zu meinem Tod vorstehe. Ich nenne sie Nobiliacum. Heute ist der Ort ein Städtchen und heißt Saint-Léonard-de-Noblat. 

Später kann ich als Vertrauter des Königs auch dazu beitragen, die rechtmäßige Verurteilungen von Gefangenen zu überprüfen. Auf diese Weise kommen viele Gefangene frei.   

Mit der Zeit geschehen auch immer mehr Wunder. Wenn Gefangene meinen Namen anrufen, fallen ihre Fesseln ab. Oft bringen sie ihre Fesseln und Ketten dann zu meiner Klause. So gibt es viele befreite Gefangene, die zu mir in den Wald kommen, um hier ein neues Leben zu führen. Unsere Gemeinschaft bildet sie dann zu Handwerkern aus, sodass sie ihren Lebensunterhalt auf ehrliche Weise verdienen können. 

Es ist verständlich, dass sich daraus der Titel „Kettenheiliger“ entwickelte. Mein ursprüngliches Patronat sind die Gefangenen. Gerade auch Ritter und Kreuzfahrer verehren mich, wenn sie in Gefangenschaft geraten. Im Laufe der Zeit wird aber das Attribut der Ketten jedoch falsch verstanden und als Viehkette gedeutet. So werde ich zum Schutzherrn der Tiere und vieler anderer bäuerlicher Anliegen. Das erklärt vielleicht auch meine Popularität in Bayern.

Auch wenn die Haftbedingungen im 21. Jhd. viel besser sind und die Wahrscheinlichkeit einer ungerechten Verurteilung viel geringer ist, hat uns doch Jesus Christus den Besuch der Gefangenen besonders ans Herz gelegt. Wer einen der Geringsten besucht, besucht unseren Herrn.

Vielleicht würde er in der heutigen Zeit auch mehr von „Gefangenen“ im übertragenen Sinne sprechen – etwa von Menschen, die aus anderen Gründen, das Haus nicht verlassen können, von der Gemeinschaft ausgeschlossen sind, und ungerecht behandelt werden: Menschen in Altersheimen, psychisch Kranke, alleinstehende Behinderte. Eine andere Art von Gefangenen sind jene, die von ihren Süchten und anderen Abhängigkeiten nicht loskommen. Vielleicht gibt es diese Art von Gefangenen im 21. Jhd. häufiger als zu meiner Zeit. Ich bin sicher, dass Jesus auch an sie gedacht hat und sie unser Mitleid und unser Gebet um Befreiung brauchen. 

Steckbrief

Geboren: rund um das Jahr 500
Gestorben: 6. November 559 in Noblat bei Limoges
Gedenktag: 6. November
Attribute: Kette, Abtstracht, Abtsstab, Buch, Fußblock, Gefangene, Ochs, Pferde

Zitat

„Von allem diesem brauche ich nichts; ich begehre nichts anderes, als allein in einem dieser Wälder zu wohnen, fern von allen Schätzen der Welt, und möchte nur Gott dem Herrn dienen.”

Leonhard von Limoges